Kia Ora - Welcome to New Zealand!

Nun sind wir also da - am anderen Ende der Welt. Vor 18 Jahren war ich schon einmal hier. Damals war ich 19 Jahre alt und absolvierte in Neuseelands Hauptstadt Wellington den obligatorischen Sprachaufenthalt fürs Englischstudium. Seitdem wusste ich immer, dass ich irgendwann einmal wiederkommen werde - zusammen mit Claudia und den Kindern...

 

Neuseeland ist für mich eine komplett andere Welt. Obwohl die beiden Inseln heutzutage hauptsächlich von ehemaligen Europäern besiedelt sind, ist die Maori-Kultur allgegenwärtig. Im Gegensatz zu den First Nations in Kanada oder den USA sind diese hier nicht nur eine Randerscheinung, sondern es scheint, dass die beiden Kulturen ein Miteinander geschafft haben - obwohl es aus der Sicht der Maori sicherlich trotzdem zu unbeschreiblichen Verlusten kam und nur noch jeder Siebte Neuseeländer Maori-Wurzeln in sich trägt. 

 

So gilt Te Reo, die Sprache der Maori, neben Englisch und der neuseeländischen Gebärdensprache bis heute als offizielle Sprache des Landes. Überall sind Symbole und Wörter in Te Reo zu lesen und auch Pakeha (Neuseeländer ohne Maori-Abstammung) benutzen einzelne Wörter und schmücken ihre Häuser und Geschäfte mit polynesischen Kunstwerken. 

 

Wir fliegen am Sonntagabend von Vancouver aus los und kommen am Dienstagmorgen um 5.00h nach 14 Stunden Flugzeit in Neuseeland an. Da wir über dem pazifischen Ozean die Datumsgrenze überqueren, verlieren wir in diesem Jahr einen kompletten Tag - den 14. Oktober 2019 haben wir nie erlebt... 

 

Der Flug ist lang (obwohl mein Flug im Jahr 2001 von der Schweiz aus doppelt so lange war), doch unsere Kinder betreffend platzen wir fast vor Stolz. Sie meistern die komplette Reise ohne auch nur eine einzige Krise und wir merken, dass wir in den vergangenen Monaten als Familie so viel mehr zusammengewachsen sind als je zuvor. So kann uns nicht einmal unser bisher einziger Planungsflop auf der ganzen Weltreise aus der Bahn werfen: Als wir um 5.00h todmüde aus dem Flugzeug steigen, bemerken wir, dass das Mietauto erst ab 10.00h reserviert ist. Und da wir es auch auf Nachfrage wirklich nicht früher bekommen, sitzen wir also fast fünf Stunden fest und lieben unsere Mäuse, die unsere Fehlplanung absolut gelassen entgegennehmen und sich die Zeit mit malen und zwei Hörbüchern vertreiben. Und das nach 14 Stunden Flug... <3

 

Als ich den Autoschlüssel dann schliesslich in den Händen halte, ist die Schläfrigkeit bald wie weggeblasen. Zum ersten Mal in meinem Leben sitze ich auf der rechten Seite am Steuerrad und muss einmal quer durch Auckland fahren. Um Klartext zu sprechen (oder zu schreiben): Diese erste Fahrt ist für mich der blanke Horror. Das Problem ist wider Erwarten nicht die andere Strassenseite. Ich bin kein einziges Mal unsicher beim Abbiegen oder der Wahl der richtigen Spur. Dafür fahre ich automatisch viel zu weit links, was Claudia auf dem Beifahrersitz leicht unter Druck setzt... Ausserdem fällt es mir schwer, die Dinge zu erledigen, die ich in einem links ausgerichteten Auto ohne Nachzudenken erledige: Links in den Rückspiegel schauen, links schalten, links ins Navi schauen und vor allem rechts zu blinken - das erfordert meine komplette Konzentration und ich bin soooo froh, als wir endlich unfallfrei in der AirBnB-Wohnung ankommen....

 

Schon am nächsten Tag ist der Spuk übrigens vorbei und mein Gehirn scheint über Nacht Schwerstarbeit geleistet zu haben. Nur putze ich nach wie vor regelmässig die Scheiben, wenn ich eigentlich blinken will - und wenn es doch mal auf Anhieb richtig klappt, klatschen auf dem Rücksitz meine Kinder begeistert Beifall... ;-)

 

Unser AirBnB liegt in einem der nördlichen Quartiere von Auckland - zentrumsnah und doch mitten in der Natur. Direkt an das Haus grenzt der neuseeländische Busch. Wälder in Neuseeland sind nicht mit den Wäldern Europas zu vergleichen. 80% der neuseeländischen Pflanzen gibt es nur hier. Durch die hohe Niederschlagsmenge und die vielen Sonnenstunden sind die meisten das ganze Jahr hindurch grün und bilden ein Geflecht von Büschen, Bäumen, Farnen und Palmen, die man kaum durchdringen kann. Was in Kanada die zahlreichen Eichhörnchen waren, sind hier die Vögel. Sobald wir den Wald betreten sind wir von einem atemberaubenden Gesang umgeben und immer wieder entdecken wir einen Papagei oder einen anderen Vogel - von denen einer schöner ist als der andere...

 

Um diesen einzigartigen Dschungel zu erhalten, tun die Neuseeländer einiges: So ist es beispielsweise nicht erlaubt, Früchte, Samen oder tierische Produkte ins Land zu bringen und es werden am Flughafen sogar die Schuhe inspiziert um sicherzustellen, dass diese sauber genug sind, um keine Gefahr für die Flora darzustellen.

 

Momentan sind sogar ganze Waldgebiete gesperrt, da der einheimische Kauri-Baum durch eine Pilzkrankheit vom Aussterben bedroht ist. Diese Bäume können über 50 Meter gross werden und sind teilweise bis zu 2000 Jahre alt. Für die Maori gilt der Kauri-Baum als spiritueller Stammvater und so kämpft das Land gegen das massenhafte und teilweise sogar flächendeckende Sterben des pflanzlichen Ureinwohners. Wo der Dschungel nicht komplett gesperrt ist, gibt es Reinigungsstationen. Da die Krankheit vor allem durch Erdkrümel an den Schuhsohlen von Wanderern übertragen werden, müssen vor jedem Betreten oder Verlassen des Waldes die Schuhe abgebürstet und desinfiziert werden. Leider haben Überwachungskameras in den letzten Jahren gezeigt, dass sich viele Touristen nicht an diese einfachen Vorsichtsmassnahmen halten - und somit in Kauf nehmen, dass dem Land und seiner First Nation das wichtigste Wahrzeichen genommen wird...

Neben dem Dschungel zieht uns auch das Meer magisch in seinen Bann. Auch wenn es hier erst der Beginn des Frühlings ist und Neuseeland auch für seinen Wind bekannt ist, können die Kinder stundenlang am Strand verweilen, wo sie Muscheln sammeln, im Sand buddeln oder gespannt den Unterschied zwischen Ebbe und Flut beobachten...

Und dann möchte Léan hier in Neuseeland noch ihre Löwenmähne schneiden. Schon seit jeher kämpft sie jeden Morgen mit gefühlten 10'000 Knoten und möchte das endlich hinter sich lassen. Also fahren wir in die nächste Mall und sie lässt sich von der Friseurin mit einem ununterbrochenen Lächeln stolz die Haare kürzen. Alles ist gut - bis wir wieder auf der Strasse stehen und Léan plötzlich anfängt zu weinen. Sie findet, dass sie jetzt "blöd aussieht" und wünscht sich ihre langen Haare zurück... :-( Zum Glück ist der Supergötti da, der ihr am Telefon versichert, dass sie weiterhin eine wunderschöne Prinzessin ist. So scheint das erste Trauma überwunden und wir drücken ihr jetzt alle drei die Daumen, dass die Löwenmähne schnell, schnell wieder nachwächst und die Knoten dabei vielleicht trotzdem wie von Zauberhand weniger werden... <3

Bevor es nun gleich weitergeht und wir von Auckland in den nördlichsten Norden der Nordinsel fahren, legen wir uns für Neuseeland noch einen faltbaren Bollerwagen zu, in dem wir auf längeren Strecken müde Mäuse transportieren können. Kurz bevor wir dann vor den Toren Aucklands zum letzten Mal ins Bett fallen, verliert Maël hier am anderen Ende der Welt noch seinen zweiten Wackelzahn. Jetzt hat er schon zwei Milchzähne hinter sich gelassen: Den ersten in Laboe und den zweiten in Auckland - das wird er sicherlich nicht so schnell vergessen...

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Kommentare: 5
  • #1

    Tamara (Freitag, 18 Oktober 2019 16:44)

    ❤️ geniesst neuseeland als familie und schick fotos vom far north �

  • #2

    Alexandra 2. (Freitag, 18 Oktober 2019 19:23)

    Ohhh Léan isch immer wunderhübsch!!! Richtigi Prinzäsinne könne usgseh wie sii möchte!!!

  • #3

    Maria (Samstag, 19 Oktober 2019 10:47)

    Sooooo toll!! Wunderschöne Fotos! Ich wünsche euch eine genussvolle Zeit in Neuseeland. Léan sieht sehr hübsch aus! Alles Gute für Maëls Zahnwechsel!
    Liebe Grüsse aus Basel mit Dauerregen :(

  • #4

    Katia (Sonntag, 20 Oktober 2019 20:06)

    hallo ihr hübschen wie immer lese ich mit viel leidenschaft die so schön mit details beschriebenen texte und bilder eurer reise und verfolge mit viel neugier eure abenteuer. geniesst es und geniesst es und einfach noch mehr. denke viel an euch!! . eine grosse umarmung an euch alle e un bel bacio ai miei cari nipotini.

  • #5

    Tamara (aus der Schule in Aesch) (Donnerstag, 24 Oktober 2019 14:16)

    Liebe Alex und Familie!

    Ich lese begeistert mit und finde es soo toll, dass ihr gemeinsam als Familie auf Weltreise seid. Wir haben uns dieses Jahr eine 5 wöchige Fernreise gegönnt, aber insgeheim träume ich von einem ähnlichen Abenteuer zu viert, wie ihr hier gerade erlebt. Gemeinsam die Welt entdecken, als Familie zusammenwachsen, und das alles mit viel Zeit im Rucksack. Mal schauen, ob es irgendwann klappt...
    Bis dahin lese ich fleissig mit, freue mich mit euch und schicke liebe Grüsse ans andere Ende der Welt :)